Posted on: 4. Juli 2022 Posted by: MDamerius Comments: 0

Die Sonne scheint mir auf den Bauch. Wärmende Sonnenstrahlen, die sich im Wasser vor mir brechen. Tausend kleine Lichter, tausend kleine Diamanten funkeln zu mir hinauf. Tauchen alles in meinem Blickfeld in flirrendes Licht, als hätte Mutter Natur die Discokugel angeworfen. Was fehlt ist der Beat, der in den Clubs den Rhythmus vorgibt – befreiend und zugleich beraubend. Dieser Beat peitscht mein Blut durch die Venen, lässt warmen Saft bis in die Eichelspitze hineinfahren, aber er verbietet mir auch, meinem eigenen Herzschlag zu folgen, meinen ureigenen Beat zu hören und mich darauf einzulassen. Er schafft innere Freiheit für den Preis, sich seinem Rhythmus unterordnen zu müssen.

Ist es nicht oft ganz ähnlich da draußen in dieser Welt? Wo bekommen wir noch wahre Freiheit? Eine Freiheit, die keinen Preis hat. Eine Freiheit, die nicht beworben, ins rechte Licht gestellt oder dekorativ vorgelebt und vorgetragen werden muss? Ich finde diese Freiheit nur an einem Ort. Hier. Hier draußen. Mitten in der Natur. Manchmal bin ich lange unterwegs, bis ich an einen Ort gelange, in dem die einzigen Stimmen, die ich noch höre, die der Natur sind. Kein Geschrei, keine Mutter-Kind-Diskussionen, viel zu laut, viel zu oft vorgetragen. Kein Straßenlärm und Autoklackern. Stille. Tiefe, alles umschließende Stille. Und dann? Dann beginnen meine Ohren stets von neuem zu hören, als müssten sie es erst wieder lernen.

Wie frei willst du wirklich sein?

Und sie hören…die Natur. In all ihren Ausprägungen. Insekten, die am Boden nach Nahrung suchen, Vögel, die flirten, warnen oder einfach nur singen. Der Wind, wie er um Bäume, Sträucher oder eben wie jetzt über das Wasser gleitet. Ich kann das Schilfgras hören, bevor ich sehe, wie es sich im Wind hin und her bewegt, ganz so wie ein frisch verliebtes Paar, das erst vorsichtig und dann immer inniger miteinander tanzt. Ihren eigenen Rhythmus findet, ihren ganz besonderen, einzigartigen Beat – ganz gleich ob für einen Moment, einen zeitvergessenen Augenblick, eine lustvoll stöhnende Nacht, eng aneinander die schwitzenden Körper oder ob für mehrere Jahrzehnte. Wer Liebe und Hingabe wirklich versteht, kann der Zeit keine Bedeutung mehr beimessen. Wie sollte sich etwas in Minuten und Stunden, in Tagen und Wochen oder Jahren aufteilen lassen, das jenseits davon existiert? Es pulsiert und lebt an einem Ort meist nur als Gast in uns. Ein Gast, der weiß, er bleibt Besucher, ganz gleich, ob er Momente oder Jahre verweilt.

Ich kann ihn spüren, diesen Gast. Und ich spüre mich. Und diesen Beat, meinen Beat. Umringt von der Natur werde ich selbst plötzlich ein Teil von alledem, kein Beobachter, sondern nur Teil eines Ganzen, welches darauf gewartet hat, dass ich endlich hier bin. Und so stehe ich nackt in diesem See, Diamantenfunkeln um mich herum. Ich blicke nach unten. Mein halbsteifer Schwanz wippt leicht auf und ab, umringt von gleißend hellem Licht wie eine Rakete kurz nach der Zündung. Und ähnlich wie das stählerne Ungetüm strebt auch mein fleischliches Pendant dem Himmel entgegen. Ich spüre die Kälte des Wassers an meinen Füßen und die Wärme der Sonne auf meiner Haut – Kontrapunkt und solo. Meine Finger gleiten neugierig an meiner Brust entlang, wandern wie jungfräuliche Erstsemester langsam an meinem Bauch weiter, immer tiefer, immer gieriger, bis sie von der Härte meines inzwischen vollends steifen Schwanzes gestoppt werden. Sie begrüßen einander, sie kennen sich, und doch ist es hier umgeben von Wasser, Licht und Gras so, als würde unsere Umgebung auch uns selbst im Inneren verändern. Und meine Lust bäumt sich auf, wird ungestümer und hungriger und ist dabei jedes Mal neu und anders – entdecke nicht nur ich meinen Körper neu, sondern wird auch der Wind zu einem Voyeur, der nicht die Finger von mir lassen kann? Wer mag es ihm verdenken?

Animalische Treffen im Dickicht

Die Jungs und Kerle, die mich schon mehr als einmal hier am Wasser oder in einer waldigen Lichtung zufällig entdeckt haben, konnten ihre Blicke auch selten von mir lassen. Zu sehr peitschte sie die Neugier weiter, die Gefahr wurde zu einem lüsternen Flüsterer, der mit dunkler Stimme in ihre Ohren säuselte: „Geh´ noch etwas näher heran. Berühre das junge Fleisch. Folge der Gier des Adrenalins in deinem Kopf, das wie ein Paukenschlag laut deine Sinne verwirrt, die Moral endlich zum Schweigen bringt und dich ganz Lust werden lässt.“ Ich kenne das Flüstern des Windes, das Hauchen des Waldes, es verführt mich jedes Mal, es entjungfert mich stets aufs neue, bis meine Samen still auf den Boden fallen oder mit einem kleinen Spritzer im Wasser landen und versinken. Mit meinem Schwanz noch in der Hand, sehe ich der weißen Flüssigkeit nach. Werde gierig und lüstern und ganz eins mit der Natur. Wir kommen aus der Natur, wir tragen diesen animalischen, unseren ureigenen Beat in uns, der ehrliche und wahrhaftige Schlag unseres Herzens und unseres Schwanzes. Alles andere ist nur Show, nur Fassade – ob Businessanzug oder Casual Look, ob Pokerface oder lachende Grimasse, ehrlich sind wir nur hier. Hier in der Natur, vereint in unserer Lust, unseren harten Schwänzen, allein, zu zweit, in einer Gruppe von Fremden.

Ich erinnere mich an mein letztes Treffen im Wald. Das Knistern und Brechen der kleinsten Äste am Waldboden unter der Last schwerer Füße, ein so einzigartig erregendes Geräusch, welches zu einem dringt, lange, bevor man den fremden Mann das erste Mal sieht. Ich rieche das feuchte Moos und höre, wie sich das hungrige wilde Tier in Menschengestalt nähert. Nichts anderes sind wir hier draußen – animalisch, wild, auf unseren Herzschlag hörend, der alles auf einen Moment reduziert. Wir jagen das zweibeinige Wild. Unser Wild ist der andere Kerl, der Boy, der nackt im Unterholz wartet. Aufgeregt, die Haare aufgestellt, der Schwanz in der Hand. Kalte, straffe Haut, die über seinen runden Pobacken liegt und nach Eroberung ruft. Und wieder sind wir ganz hier, ganz im Moment, ganz in der Natur. Noch besser, in jenen Augenblicken der höchsten Lust, kurz bevor wir unsere Leidenschaft hinausfeuern, werden wir selbst zur Natur. Alles andere fällt von uns ab, alles andere wird lästig, wird unwichtig. Erst später, zu spät, merken die meisten von uns, dass sie dort im Wald oder auf der Lichtung oder hier am See, stöhnend und bebend nicht nur eine oder mehrere Portionen Sperma zurückgelassen haben, sondern auch ein Stück von ihrem ureigenen, innersten Selbst. Einhundert Prozent wir selbst können wir nur da draußen sein, abseits aller Eckpfeiler der Zivilisation, wenn wir uns jagen, finden, verzehren, schmecken und den Herzschlag in den pulsierenden Schwänzen in unseren Händen spüren. Dann sind wir angekommen in unserer Suche nach Sinn, nach Ekstase und diesem Beat, der in unserer Brust schlägt. Wir jagen einander, wir verschlingen einander in gieriger Lust und wir erwachen neu, rein, eins mit der Natur. Wieder und immer wieder.

 

Leave a Comment