
Lust, Liebe und der Fetisch – die frischen Bilderwelten von Mati
Mit einem Knall haben wir uns sofort in die bildgewaltigen Werke von Mati verliebt – so anders, so frech, so farbenfroh und queer sind die Bilder des jungen Polen (29), der seit rund fünf Jahren inzwischen in Berlin lebt. Hauptberuflich ist Mati noch Sozialpädagoge, aber es kann nur eine Frage der Zeit sein, bis der queere Newcomer, der sich selbst als “Männer liebend“ definiert, seine großartigen Werke hauptberuflich erstellen kann. Das Team des HIM Magazine hat Mati auf alle Fälle im Sturm erobert.
Mati, wie bist du zur Malerei gekommen?
Die Malerei begleitet mich schon seit dem Kindergarten. Später besuchte ich ein Kunstgymnasium in Polen und wollte wie so viele Modedesigner werden. Zum Modedesigner habe ich es leider nicht geschafft und so habe ich erstmal mein künstlerisches Dasein beiseitegelegt, aber nie ganz aufgehört. Zwischendurch habe ich es als eine Art der Beruhigung benutzt.
Wir freuen uns umso mehr, dass du diese Bilder heute mit uns teilst. In deinen Werken spielt der Doggy-Fetisch eine ganz besondere Rolle. Was fasziniert dich selbst daran?
Mir geht es hierbei weniger um das klassische Doggy-Play, sondern eher um die Möglichkeit der Verkleidung und der Faszination dabei. Das Hineinschlüpfen in verschiedene Rollen durch diverse Masken mit den dazugehörigen Accessoires. Mich selbst reizt zudem das Spiel mit Besitz und Gehorsam, das ich über meine Bilder transportieren will – die Abhängigkeit voneinander.
Auch Fesselspielen bist du in deinen Bildern nicht abgeneigt. Was für ein besonderer Reiz geht für dich von Boys aus, die gefesselt vor einem stehen?
Es schlägt eine Brücke zu den Doggy-Boys. Auch hier sind das “Besitzen” und die “Kontrolle haben” markante Punkte für mich. Ohnmacht ist nicht immer eine Folge von überhöhtem Konsum von Substanzen, sondern auch ein ganz präsentes, gewolltes Gefühl bei Rollenspielen, welches durch Fesseln, Knebeln und Gag-Balls verstärkt werden kann.
Welche Rolle spielt der Fetisch in deinem Leben?
Ich möchte das gerne auf mein Sexleben “reduzieren” wollen. Dies hat aber nichts mit meiner eigentlichen Haltung im “normalen” Leben zu tun. Es ist eine Rolle, in die ich schlüpfe und die ich in einem sicheren Umfeld auslebe. Sie ist selbstbestimmt und macht mich daher glücklich, wenn ich sie ausleben kann.
Du hast auch ein schwules Wortspiel (sweet cake) in ein Bild umgesetzt und einigen jungen Kerlen direkt einen Kuchen auf den Kopf gesetzt. Was macht diese Boys so “süß“ im doppelten Sinn für uns?
Der “Sweet Cake” war mein erstes Bild dieser Art. Es war ein Geschenk an einen engen Freund von mir, wo ich den Kuchen ganz passend zum Geburtstag fand. Mit der Zeit habe ich die süßen Sweet Cake Boys verfeinert und in meinem Repertoire ergänzt. Der Reiz liegt oft im Verborgenen. Jeder hat die Möglichkeit, sich seinen Wunschboy vorzustellen. Die Grenzen und Facetten sind hier tatsächlich grenzenlos und liegen in den Augen des Betrachters. Es ähnelt der Anschauung von Pornos. Man kann sich etwas vorstellen und doch ist es in dem Moment nicht greifbar und genau das macht es doppelt süß.
Es gibt Maler, die uns mit ihren Bildern in ihre Fantasiewelt entführen und andere, die uns das erzählen, was sie erlebt haben. Wie ist das bei dir?
Es ist eine Mixtur aus erlebten und noch nicht gestillten Gelüsten. Wer mich kennt, wird immer einen Bezug von den Boys zu mir entdecken. Das können die Haarfarbe, die Tattoos, die gemalten Stellungen oder auch ganz andere Dinge sein. Sicherlich sind manche Geschehnisse auf den Bildern auch in meinem eigenen Sexleben wiederzufinden.
In einigen deiner Bilder sieht man die Männer auch mit verbundenen Augen und generell scheinst du das Spiel mit Dominanz sehr zu mögen. Was reizt dich am Thema Dominanz und Unterwerfung?
Dominanz und Unterwerfung sind zwar geläufige Verhaltensweisen in der Community, aber irgendwie auch mit einem grauen Schleier belegt. In den Köpfen unter schwulen Männern laufen so viele Fantasien in diese Richtung ab, aber nur wenige sprechen offen und ehrlich darüber. Sie sind Geiseln ihrer Fantasien – wie die Jungs die Geiseln ihrer Master sind, so wie ich sie in meinen Bildern oft geknebelt und verbunden darstelle. Der Reiz ist, glaub ich, gerade dieser graue Schleier – ihn beiseite zu schieben und Licht ins Dunkel zu lassen.
Deine Boys und Kerle sind zumeist nicht glatt rasiert, sondern haben Haare und Tattoos. Sind dir diese Dinge wichtig bei einem Mann?
Optisch stehe ich auf Männer – nicht auf Boys. Der “Boy” bin ich in diesem Spiel, aber der Mann muss jemand anderes sein und darf dies auch gerne verkörpern mit Haaren und Tattoos. Hier muss aber auch der Mix zwischen hart und zart stimmen. Jeder möchte irgendwie geliebt werden. Allein durch das Ausleben eines Fetischs ist dies in meiner Welt nicht möglich. Hier spielen auch die allseits bekannten, innerlichen Werte eine ganz herausragende Rolle und nicht zuletzt sind sie auch der Schlüssel für das Ausleben der oben beschriebenen Gelüste.
Die Schwänze deiner Boys umschlingen auch schon einmal eine Rose. Sind sie für dich Beiwerk oder wie kamst du darauf, die Penisse in deinen Bildern so speziell zu zeichnen?
Sie symbolisieren “das”, was die Männer in der Szene so sehr interessiert. Eigentlich ist es eher als Joke gedacht, da sich so viele auf dieses eine Körperteil im wahrsten Sinne des Wortes versteifen. Wer hat den größten, dicksten, längsten. In welcher Reihenfolge beim Online-Dating kommt diese Frage? Relativ früh, oder? Aus diesem Grund sind sie ein Eye-Catcher und das oft überdimensional und surreal.
Wir sehen auch anderweitig Rosen und Herzchen, die du um die Boys herum malst. Hat das Ganze auch für dich etwas mit Romantik zu tun?
Für mich sind Liebe und Fetisch keine trennbaren Begriffe, sondern der Fetisch kann nur mit der Liebe füreinander ausgelebt werden. Das stupide Luststillen ohne Emotionen ist nie meine Art gewesen und wird es wohl auch nie werden. Von daher passt auch für mich die Romantik auf einer tieferen Ebene gut mit einem Fetisch zusammen.
In einem Bild sehen wir einen Wassermann, der sich sozusagen selbst mit seinem Penis umschlingt. Verrate uns, wo können wir einem solchen Wassermann begegnen?
Würde es eine schwule Version von “Ariel die Meerjungfrau” geben, würde man diesen schönen, am Eis leckenden Wassermann mit seiner, sich umschlingenden Riesenanakonda sicherlich dort finden. Bis dahin ist er für jeden gedanklich greifbar und somit darf sich jeder seine eigenen, heißen Vorstellungen darüber machen, was man alles mit ihm im Wasser treiben könnte.
Du lebst in Berlin. Ist die Stadt auch heute noch ein besonderes Pflaster, wenn es darum geht, seine Gelüste und Fetische auszuleben?
Berlin wird in meinen Augen zu sehr gehyped. Es war natürlich mein Traum, anfangs hier zu leben, aber mit der Zeit lernt man auch die Nachteile kennen und damit meine ich nicht mal die Szene, in der ich mich übrigens nicht zu Hause fühle, sondern so alltägliche Umstände wie lange Wege, eine gewisse Unruhe und Hektik sowie Extreme. Ich habe die Stadt nie als Austragungsort meiner Lüste gesehen oder wertgeschätzt.
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